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AutorenbildAlex

Schön, nützlich und äußerst bequem: Wildstauden jetzt pflanzen!

Aktualisiert: 18. Okt.



Wenn ich früher an Stauden dachte, kamen mir als erstes prächtige, alte Bauerngärten in den Sinn: Üppige Kletterrosen, Lupinen, Phlox, Hortensien, Rittersporn, Astern und die herrliche Herbst-Anemone! Wunderbare Pflanzen - ziemlich pflegeleicht und dauerbunt, aber allesamt nicht heimisch und dazu kaum Nutzen für Insekten. Meistens jedenfalls.


Zarte Herbst-Anemone, die bis spät in den Herbst blüht. Nicht heimisch.
Was sind Stauden?

"Staude" ist ein gärtnerischer und kein botanischer Begriff und wird nicht ganz einheitlich verwendet. Manche sprechen auch von ein- oder zweijährigen Stauden. Meistens - und diese Verwendung bevorzugen wohl die meisten Permakultur-Gärtner*innen - sind aber damit ausdauernde Pflanzen gemeint. Also krautige, nicht verholzende Pflanzen, die jedes Jahr aus dem selben Wurzelstock wieder erblühen. Im Winter zieht sich das Leben meist in die Wurzel oder Zwiebel zurück und die oberirdischen Teile sterben ab. Und weil manche Pflanzen sich manchmal nicht entscheiden können, ob sie ein- oder zweijährig oder sogar dauerhaft sein wollen, ist auch das nicht ganz klar. Die Färberkamille zum Beispiel wird oft als ausdauernde Staude beschrieben, ist aber auch in einjährigen Ansaat-Mischungen zu finden. Bei mir ist sie meist zweijährig, zumindest nicht besonders langlebig.


Ein typischer Bauerngarten besteht jedenfalls aus Stauden und wird ergänzt durch einjährige Arten, die entweder jedes Jahr neu ausgesät werden oder sich praktischerweise selbst versamen. Wie zum Beispiel die beliebte Cosmea oder Sonnenblumen. Ein vielfältiger Bauerngarten bietet während der Blüte nicht nur Insekten Nahrung, er hält auch für uns Menschen einiges bereit. Bekannte Heilpflanzen wie Ringelblume (einjährig) oder Echinacea (ausdauernd) finden sich darin, und er ist eine Wonne für Augen und Seele!


Cosmea, Schmuckkörbchen: unermüdliche, aber nicht heimische Blüher im Bauerngarten, säen sich immer wieder aus.

Weil sich diese Seite aber hauptsächlich um die Wilden dreht, zeigen wir hier ein paar Möglichkeiten, heimische Wildstauden in eure Gärten zu bringen! Denn wie wir wissen, bieten Wildpflanzen viel mehr Insekten und Vögeln Nahrung und Unterschlupf als nicht heimische Zuchtsorten. Und jetzt im Herbst ist die beste Pflanzzeit für Stauden!


Während in der Natur Wildpflanzen mit anderen Arten konkurrieren müssen, haben wir es in der Hand, ihnen ein bisschen zu helfen und Nahrungs- und Lichtkonkurrenten im Zaum zu halten. Außerdem - wer sagt, dass man Wildpflanzen nicht auch hübsch kombinieren kann? Es muss nicht immer Wildwuchs sein.


Lass los!

Die Wilden führen durchaus ihr eigenes Leben. Wenn es ihnen an einem Platz nicht gefällt oder ihnen ihr zugewiesener Nachbar nicht behagt, können wir machen, was wir wollen - sie werden nicht bleiben. Dafür tauchen sie vielleicht an einem ganz anderen Ort im Garten wieder auf. Und was im eigenen Garten funktioniert, kann beim Nachbar schon wieder ganz anders sein. Vor Überraschungen ist man also nicht gefeit und für die Persönlichkeiten unter uns, die gerne alles kontrollieren, ist das gar nicht so einfach.



Aber vielleicht ist gerade das eine gute Gelegenheit, das Loslassen zu üben. Die Kontrolle ein bisschen aus der Hand zu geben und einfach nur zu beobachten oder wenn nötig regulierend einzugreifen. Und dabei mehr Freizeit zu haben, denn Wildpflanzen brauchen wir weder düngen noch gießen. Die Arbeit beschränkt sich darauf, zu vermehrungsfreudige Exemplare auszurupfen (und vielleicht gleich dem Nachbarn zu schenken) und eventuell im Frühjahr, wenn alle Insekten wieder aus ihrem Winterquartier ausgezogen sind, die verdorrten Stauden zurückzuschneiden. [Möchte man das schon im Herbst tun, weil einem der Ordnungssinn oder der Nachbar dies befiehlt, bemühe man sich bitte trotzdem, eine Ecke im Garten unbeschnitten zu lassen.]


Eine Frage des Standpunkts

Haben wir also mit uns selbst diskutiert und sind zum Ergebnis gekommen, ein Wildstaudenbeet anzulegen, geht es ans Planen. Als sehr spontaner Mensch betone ich den Punkt der Planung besonders, denn wenn man es einfach irgendwie und planlos tut, hat man oft viel Arbeit umsonst investiert. Ich weiß das, mehrfach erprobt.


Allerdings gibt es natürlich verschiedene Abstufungen von Planung. Wichtig ist jedenfalls zu überlegen, wo das Beet denn sein soll und welche Voraussetzungen sich dort bieten. So werden sich Trockenheits-Spezialisten im feuchten Halbschatten unter Bäumen nicht sehr wohl fühlen und der Blutweiderich wird im vollsonnigen Steingarten eher leidvoll sein Dasein fristen. Ausnahmen bestätigen übrigens immer wieder die Regel, Wildpflanzen haben eben Persönlichkeit.



Wir nehmen also an, wir haben einen vollsonnigen Platz, an dem wir gerne ein vielfältiges Staudenbeet anlegen wollen.  Möchte man vor allem zu Beginn nicht dauernd unerwünschte Emporkömmlinge jäten müssen, bleibt es leider nicht aus, den bestehenden Boden so tief wie möglich abzutragen und mit Schotter (inklusive Nullanteilen!) aufzufüllen. Darauf werden 1-2 cm Humus oder möglichst unkrautfreie Gartenerde aufgetragen und oberflächlich gut eingerecht. So empfiehlt es Reinhard Witt.


Alternativ, und eher im Sinne der Permakultur, werden nur die Rasensoden abgetragen (und anderwärtig verwendet oder kompostiert) und der Oberboden gelockert. Für Permakulturisten gilt immer: nach Möglichkeit mit Vorhandenem arbeiten und regionale Materialien verwenden. Also, wenn schon Schotter oder Sand her karren, dann aus dem nächstgelegenen Schotterwerk. Oder noch besser: Reste verwerten! Ich empfehle immer, standortgerechte, lokale Pflanzen zu wählen und keine künstlichen Standorte herzustellen. Was bringt der schönste Gebirgssteingarten, wenn es die zugehörigen Insekten hier gar nicht gibt? Das garantiert auch, dass die Pflanzen im jeweiligen Klima auch wachsen wollen.



Bilder: Für das Wildstaudenbeet in spe habe ich ca. 20 Zentimeter Boden abgetragen, mit 0-32 übrig gebliebenen Schotter aufgefüllt, 1 cm Erde wieder eingerecht. Initialbepflanzung mit u.a. Königskerze, Nachtkerze, Natternkopf, Karthäusernelke und Färberkamille. Bild direkt nach Pflanzung im Juli. Nicht die günstigste Zeit, um Beete ohne gießen anzulegen. Die weiteren Bilder zeigen das Beet im 2. und 4. Jahr nach Anlage. Es verändert sich jährlich, zu dominante Pflanzen wie der Muskatellersalbei, der ausnahmsweise bleiben darf, sollten reduziert werden.


Möglichkeiten der Bepflanzung

Variante 1: Pflanzen setzen. Sicher, schnell und teuer

Soll es bereits im nächsten Jahr spektakulär blühen, empfiehlt es sich, vorgezogene Pflanzen zu setzen, denn Wildpflanzen brauchen sehr viel Zeit zum Wachsen. Von der Aussaat bis zur ersten Blüte vergeht zumindest ein Jahr, oft auch mehr. In spezialisierten Wildstauden-Gärtnereien kann man die Pflänzchen bekommen und manchmal gibt es dort auch gleich sehr praktische Mischpakete mit Pflanzen für den jeweiligen Standort, die zusammenpassen.


Das erspart einiges an Denkarbeit und es sind in der Regel auch unterschiedliche Blühzeiten bedacht. Wir wollen ja ein Beet, auf dem immer etwas los ist und nicht nur wenige Monate im Jahr. Wildeblumen.at bietet ein 24-Pflanzen-Paket für unseren vollsonnigen, trockenen Standort mit drei Quadratmetern für stolze € 109,00. (Stand 2024: 19 Pflanzen, zwei Quadratmeter).


Die Große Sternmiere bringt schattigere, nicht zu trockene Plätze zum Leuchten.

Etwas günstiger kommt man zwar mit den Paketen der Staudengärtnerei Strickler davon, allerdings werden in diesem Beispiel nur 30 Stauden für sechs bis sieben Quadratmeter angeboten. Man sieht also, auch die Expert*innen sind sich nicht ganz einig und selbstverständlich kommt es auch auf die Arten an. Einfach mal bestellen und ausprobieren, was rauskommt! Wir erinnern uns aber: Möglicherweise, oder sogar ziemlich wahrscheinlich, ändert sich die Zusammenstellung im Laufe der Zeit. Gut eingießen nicht vergessen!


Der Vorteil dieser Variante: Sie lässt sich gut planen, denn der Platzbedarf der einzelnen Pflanzen ist sofort sichtbar. Der Nachteil: Sie ist teuer. Ist das Beet aber vielleicht nicht zu groß und die Geldbörse nicht zu klein, lohnt es sich!


Variante 2: Aussaat. Für Geduldige

Diese Möglichkeit ist günstig, und im Idealfall hat man die Samen sogar selbst in der Umgebung gesammelt. Man mische das Saatgut mit Sand oder feiner Erde und säe es in das gut vorbereitete Beet ein. Und zwar nicht mehr als ca. ein bis zwei Gramm pro Quadratmeter. Das klingt wenig, ist es auch. Wenn aber zu dicht gesät wird, hat man später wenig davon. Darauf macht Herr Witt in seinem Buch immer wieder aufmerksam. Danach wird die Saat angedrückt, zum Beispiel mit Brettern.


Und dann passiert vielleicht erst einmal - nichts. Oder wenig. Oder es kommen Keimblätter, die wir nicht zuordnen können (wer kann schon Pflanzen anhand ihrer Keimblätter bestimmen?). Jedenfalls dauert es möglicherweise lang, bis etwas blüht. Dabei kann man mit ein- und zweijährigen Arten aber gut schummeln, die man dezent beimischen kann. Diese Arten sind flott da und halten sich dann in der Regel nicht dauerhaft (manchmal schon). Sie überlassen irgendwann bereitwillig ihren Platz den Standhaften, die aber langsamer sind.


Eine Mischung einjähriger heimischer oder eingebürgerter Blumen bietet zum Beispiel Syringa an.


Selbst gezogene Wildpflanzen.

Neu eingesäte Flächen müssen wir eigentlich nicht gießen - das macht in der Natur schließlich auch niemand. Aber die ungeschriebene Regel lautet: Wenn gießen, dann regelmäßig, und zwar bis die Saat gut angewachsen ist. Grundsätzlich lassen sich Samen ganzjährig ausbringen, ideal sind aber der feuchte und kühlere Herbst oder das Frühjahr.


Variante 3: Der Kompromiss

Wir pflanzen einige vorgezogene Stauden und säen dazwischen eine Mischung ein. So können die ersten Pflanzen schon im nächsten Jahr blühen und sich weiter versamen und die nächste Generation kann dasselbe im darauffolgenden Jahr tun. Damit haben wir relativ schnell etwas Blühendes, und die Kosten halten sich in Grenzen.


Selbst gezogene Wildpflanzen.

Für andere Standorte, zum Beispiel waldähnliche Bepflanzungen im Halbschatten gelten auch etwas andere Bedingungen. Diese Pflanzen brauchen mehr Nährstoffe, daher können abgestorbene Pflanzenteile als Mulch liegenbleiben - wie im Vorbild Wald. Im trockenen Sonnenbeet räumen wir sie weg, sonst werden sich bald unerwünschte Kräuter ansiedeln, die wir mühsam jäten müssen.


Es braucht also schon ein wenig Planung und Vorkenntnisse. Trotzdem: Ausprobieren und sich über das freuen, kommt!


Bezugsquellen für heimische Wildpflanzen und Saatgut und Pflanzbeispiele:


Garten der Vielfalt, Stainz: Permakultur-Besuchergarten und Versand

Deutschland:

Syringa - Saatgut, zum Beispiel Paket "Wilde Schönheiten" - Versand

Staudengärtnerei Stickler: Versand und Geschäft. Saatgut und Pflanzen, die meisten biologisch. Viele Infos zu den Pflanzen!


Buch-Empfehlungen:

Nachhaltige Anpflanzungen von Reinhard Witt: Wer tiefer eintauchen möchte und wissen will, was Begriffe wie R- oder C-Strategen bedeuten, sollte dieses Buch unbedingt lesen!

Schön wild! - B. Kleinod/F.Strickler: viele Beispielplanungen und Infos zum Anlegen von Wildstaudenbeeten


Weitere Infos und Pflanzbeispiele:

Netzwerk Blühende Landschaft: Pflanzenlisten mit Standortangabe sowie  Pollen- und Nektarwert

 

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