Als kritische Bürgerin hat man es schon schwer. Alles muss man hinterfragen. Wo kommt es her, wie wurde es produziert? Brauche ich es wirklich?
Naja, wir Naturgärtnerinnen haben Blumen ja am liebsten im Garten verwurzelt, selten schneiden wir sie ab, nur um unser Auge auch im Haus zu verwöhnen. Viel zu wertvoll sind die Schönheiten im Beet - für Bienen und Schmetterlinge und so.
Aber manchmal, ja manchmal möchte man einem lieben Menschen einfach so Blumen schenken. Keine heimische Wildblume für den Balkon (warum eigentlich nicht?) und keine Gemüse- oder Kräuterpflanzen für den Garten. Weil da womöglich gar kein Platz mehr ist. Oder die Zielperson gar keinen hat.
Wo sind sie nur, die Blumen?
Also ab in die nächste Blumenhandlung und... STOPP! Spätestens hier sollte sich das kritische Denken wieder einschalten. Schnittblumen sind ein großes Geschäft - für Großhändler. Sie werden meistens in riesigen und lebensfeindlichen Monokulturen im mehr oder weniger fernen Ausland angebaut. Unter dem Einsatz von Unmengen an Wasser, Energie (Beheizung) und Pestiziden. Die bunten Tulpenfelder in Holland sind nur auf den ersten Blick schön. In Wahrheit sind sie tote Zonen.
Warum also nicht ins Geschäft gehen und einfach ökologisch produzierte Schnittblumen kaufen? Kann doch nicht so schwer sein, Blumen wachsen schließlich überall. Naja, man mache den Selbstversuch und frage in einem beliebigen Geschäft nach. In den meisten Fällen wird man mit großen Augen angeschaut - ökowas? Die Gedanken der diesbezüglich nicht sensibilisierten Verkäuferinnen dazu kann man auch ohne Worte lesen.
Wiesenblumen - warum nicht?
Also, was tun? Entweder - je nach Jahreszeit möglich oder nicht - einen bunten Wiesenblumenstrauß pflücken! Dies sei nur mit Vorbehalt empfohlen, denn einerseits brauchen Insekten heutzutage jede verfügbare Blüte in der "Natur". Und außerdem, wo bekommt man auf die Schnelle eine Blumenwiese her? Gibt ja faktisch keine mehr. Falls sich eine geeignete findet, gilt übrigens in Österreich immer noch die sogenannte Handstrauß-Regel. Was bedeutet, jeder darf so viele Blumen am Straßenrand rupfen, wie er in eine Hand bekommt. Nur außerhalb von Schutzgebieten natürlich. Und immer nur dort, wo genügend von einer Sorte wächst, eh klar. Man könnte also ein Faible für Gstettn-Pflanzen entwickeln (haben wir ja eigentlich schon), und schön kombiniert machen sie sich bestimmt auch in der Vase gut.
Eine zweite Möglichkeit, wenn es etwas prächtiger sein darf: Blumenfelder zum Selberpflücken. Gibt es die schon in bio irgendwo? Also auch eher nicht. Vor allem nicht im Frühjahr. Muttertag fällt aus.
Es muss doch was geben! Ja, aber die Suche ist wie immer mit einer leichten Anstrengung verbunden. Etwas Planung kann auch nicht schaden, denn solche Betriebe gilt es einerseits erst zu finden, und dann sind sie oft nicht gerade ums Eck. Aber es gibt sie, ökologisch produzierende Betriebe, die sich auf Blumen spezialisiert haben. Im Freiland natürlich, denn beheizte Gewächshäuser außerhalb der Vegetationszeit sind niemals nachhaltig. Nicht für Gemüse und für Blumen schon gar nicht.
Man kann also dorthin fahren und die Abholung des Straußes vielleicht gleich mit einem erholsamen Gartenrundgang verbinden! Oder der Mama zum Muttertag einen Blumenbindekurs schenken. Oder ein eigenes Schnittblumenbeet für immer frische Blumen in der Vase! Auch eine wunderbare Idee, wie ich finde. Biologisches Saatgut dafür bekommt man mittlerweile nach kurzer Internet-Suche an einigen Stellen. Auch für Balkone geeignet, aber da würde man die wenigen Blumen ja nicht abschneiden wollen.
So richtig weiter sind wir jetzt noch nicht, was tun, wenn der zu beschenkende Mensch im Winter Geburtstag hat? Hmmm. Schokolade? Die gibt es ganzjährig in bio und fair. Die Fair-Trade-Rosen, die man ziemlich billig mittlerweile in jedem Discounter bekommt, sind natürlich nur geringfügig besser als jene ohne Stempel. Sie werden wie die ganz bösen Exemplare meist in Kenia unter hohem Ressourceneinsatz produziert. Aber immerhin werden die Menschen vor Ort etwas weniger ausgebeutet. Solche Rosen kann man sich europaweit sogar zuschicken lassen, hier zum Beispiel. Wenn es unbedingt Rosen sein müssen.
Während bei Lebensmitteln "regional" gerade wieder in ist, denkt man bei Blumen überhaupt nicht daran, dass Rosen im Winter eigentlich nicht blühen. Warum ist das so? Oder anders gefragt: Wäre es nicht auch bei Blumen möglich, saisonal und regional zu kaufen? In der kalten Jahreszeit gibt es tolle Gestecke mit Samenständen oder Beeren, die noch dazu lange halten. Mal darüber grübeln!
Und tatsächlich, in den Niederlanden, dem Hauptumschlagplatz für Schnittblumen in Europa, besteht noch Hoffnung! Immerhin gibt es mittlerweile ein Siegel, das die umweltfreundlichere Produktion von Blumen bestätigt.
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