Schön, nützlich und äußerst bequem: Wildstauden jetzt pflanzen!

Wenn ich an Stauden denke, kommt mir als erstes ein prächtiger, alter Bauerngarten in den Sinn: Rosen, Lupinen, Phlox, Hortensien, Fingerhut, Astern und die herrliche Herbst-Anemone ! Wunderbare Pflanzen – ziemlich pflegeleicht und dauerbunt, aber meist nicht heimisch.

Herbst-Anemone
Zarte Herbst-Anemone, die bis spät in den Herbst blüht. Nicht heimisch.

Was sind denn eigentlich Stauden?

„Staude“ ist ein gärtnerischer und kein botanischer Begriff und wird nicht ganz einheitlich verwendet. Manche sprechen auch von ein- oder zweijährigen Stauden, meistens – und diese Verwendung bevorzugen wohl die meisten Permakultur-Gärtner*innen – sind aber damit ausdauernde Pflanzen gemeint. Also krautige, nicht verholzende Pflanzen, die, einmal gesetzt, jedes Jahr aus dem selben Wurzelstock wieder erblühen. Im Winter zieht sich das Leben meist in die Wurzel oder Zwiebel zurück und die oberirdischen Teile sterben ab. Hier gibt es eine schöne Beschreibung von DEN Wildstauden-Experten in Deutschland. Und weil manche Pflanzen sich manchmal nicht entscheiden können, ob sie ein- oder zweijährig oder sogar dauerhaft sein wollen, ist auch das nicht ganz klar. Die Färberkamille zum Beispiel wird meist als ausdauernde Staude beschrieben, ist aber auch in einjährigen Ansaat-Mischungen zu finden.

Ein typischer Bauerngarten besteht aus Stauden und wird ergänzt durch einjährige Arten, die entweder jedes Jahr neu ausgesät werden oder sich praktischerweise selbst versamen, wie zum Beispiel die beliebte Cosmea oder Sonnenblumen. Ein vielfältiger Bauerngarten bietet während der Blüte nicht nur Insekten Nahrung, er hält auch für uns Menschen einiges bereit. Bekannte Heilpflanzen wie Ringelblume (einjährig) oder Echinacea (ausdauernd) finden sich darin und er ist eine Wonne für Augen und Seele!

Cosmea, Schmuckkörbchen: unermüdliche, aber nicht heimische Blüher im Bauerngarten, säen sich immer wieder aus

Weil sich diese Seite aber hauptsächlich um die Wilden dreht, zeigen wir hier ein paar Möglichkeiten, heimische Wildstauden in eure Gärten zu bringen! Denn wie wir wissen, bieten Wildpflanzen viel mehr Insekten und Vögeln Nahrung und Unterschlupf als nicht heimische Zuchtsorten. Und jetzt ist die beste Pflanzzeit für Stauden!

Während in der Natur Wildpflanzen mit anderen Arten konkurrieren müssen, haben wir es in der Hand, ihnen ein bisschen zu helfen und Nahrungs- und Lichtkonkurrenten im Zaum zu halten. Außerdem – wer sagt, dass man Wildpflanzen nicht auch hübsch kombinieren kann? Es muss nicht immer Wildwuchs sein.

Lass los!

Die Wilden führen durchaus ihr eigenes Leben. Wenn es ihnen an einem Platz nicht gefällt oder ihnen ihr zugewiesener Nachbar nicht behagt, können wir machen, was wir wollen – sie werden nicht bleiben. Dafür tauchen sie vielleicht an einem ganz anderen Ort im Garten wieder auf. Und was im eigenen Garten funktioniert, kann beim Nachbar schon wieder ganz anders sein. Vor Überraschungen ist man also nicht gefeit und für die Persönlichkeiten unter uns, die gerne alles kontrollieren, ist das gar nicht so einfach.

Der Natternkopf ist als häufige Pionierpflanze nicht zimperlich und zieht mit seinen herrlichen Blüten viele Insekten an. Meist zweijährig wächst er gern auch im Wildstaudenbeet, die Blattrosetten lassen sich gut verpflanzen!

Aber vielleicht ist gerade das eine gute Gelegenheit, das Loslassen zu üben. Die Kontrolle ein bisschen aus der Hand zu geben und einfach nur zu beobachten oder wenn nötig regulierend einzugreifen. Und dabei mehr Freizeit zu haben, denn Wildpflanzen brauchen wir weder düngen noch gießen. Die Arbeit beschränkt sich darauf, zu vermehrungsfreudige Exemplare auszurupfen (und vielleicht gleich dem Nachbarn zu schenken) und eventuell im Frühjahr, wenn alle Insekten wieder aus ihrem Winterquartier ausgezogen sind, die verdorrten Stauden zurückzuschneiden. [Möchte man das schon im Herbst tun, weil einem der Ordnungssinn oder der Nachbar dies befiehlt, bemühe man sich trotzdem, eine Ecke im Garten unbeschnitten zu lassen.]

Eine Frage des Standpunkts

Haben wir uns also mit uns auseinandergesetzt und sind zum Ergebnis gekommen, ein Wildstaudenbeet anzulegen wäre einen Versuch wert, geht es ans Planen. Als sehr spontaner Mensch betone ich den Punkt der Planung besonders, denn wenn man es einfach irgendwie und planlos tut, hat man oft viel Arbeit umsonst investiert. Ich weiß das, mehrfach erprobt.

Allerdings gibt es natürlich verschiedene Abstufungen von Planung. Wichtig ist jedenfalls zu überlegen, wo das Beet denn sein soll und welche Voraussetzungen sich dort bieten. So werden sich Trockenheits-Spezialisten im feuchten Halbschatten unter Bäumen nicht sehr wohl fühlen und der Blutweiderich wird im vollsonnigen Steingarten eher leidvoll sein Dasein fristen. Ausnahmen bestätigen übrigens immer wieder die Regel – Wildpflanzen haben eben Persönlichkeit.

Ähren-Blauweiderich: selten gewordener Gast auf Trockenrasen – und im Staudenbeet!

Wir nehmen also an, wir haben einen vollsonnigen Platz, an dem wir gerne ein vielfältiges Staudenbeet anlegen wollen.  Möchte man vor allem zu Beginn nicht dauernd unerwünschte Emporkömmlinge jäten müssen, bleibt es leider nicht aus, den bestehenden Boden so tief wie möglich abzutragen und mit Schotter (inklusive Nullanteilen!) aufzufüllen. Darauf werden 1-2 cm Humus oder möglichst unkrautfreie Gartenerde aufgetragen und oberflächlich gut eingerecht. So empfielt es Reinhard Witt. Alternativ werden nur die Rasensoden abgetragen (und anderwärtig verwendet oder kompostiert) und der Oberboden gelockert und mit Sand abgemagert. Für Permakulturisten gilt immer: nach Möglichkeit mit Vorhandenem arbeiten und natürlich regionale Materialien verwenden. Also, wenn schon Schotter herkarren, dann aus dem nächsten Schotterwerk. Das garantiert dann auch, dass regionale Pflanzen gut darin wachsen!

Wildstaudenbeet in spe: ca. 20 cm Boden abgetragen, mit 0-32 Schotter aufgefüllt, 1 cm Erde eingerecht. Initialbepflanzung mit u.a. Königskerze, Nachtkerze, Natternkopf, Karthäusernelke und Färberkamille. Bild direkt nach Pflanzung im Juli. Von der Zwischensaat ist bis jetzt noch nichts zu sehen.

Und nun gibt es mehrere Varianten:

-> Sicher, schnell und teuer: Pflanzen setzen

Soll es bereits nächstes Jahr spektakulär blühen, empfiehlt es sich, vorgezogene Pflanzen (jetzt!) zu setzen, denn Wildpflanzen brauchen sehr viel Zeit zum Wachsen und von der Aussaat bis zur ersten Blüte vergeht zumindest ein Jahr, oft auch mehr. In spezialisierten Wildstauden-Gärtnereien kann man die Pflänzchen bekommen und manchmal gibt es dort auch gleich sehr praktische Mischpakete mit Pflanzen für den jeweiligen Standort, die zusammenpassen. Das erspart einiges an Denkarbeit und es sind in der Regel auch unterschiedliche Blühzeiten bedacht. Wir wollen ja ein Beet, auf dem immer etwas los ist und nicht nur wenige Monate im Jahr. Weil wir uns halt etwas verplant haben und zwar auf Farbe und Verträglichkeit geachtet haben, aber…

Wildeblumen.at bietet ein 24-Pflanzen-Paket für unseren vollsonnigen, trockenen Standort (drei Quadratmeter für € 109,00) mit folgenden Pflanzen: Großblütige und dunkle Königskerze, weiße Moschusmalve, Bergaster, Hornklee, Karthäusernelke, Herzblatt-Kugelblume, Arznei-Schlüsselblume und ästige Graslilie.

ästige Graslilie: zart aber wild

Etwas günstiger kommt man zwar mit den Paketen der Staudengärtnerei Strickler davon, allerdings werden in diesem Beispiel nur 30 Stauden für sechs bis sieben Quadratmeter angeboten. Man sieht also, auch die Expert*innen sind sich nicht ganz einig und selbstverständlich kommt es auch auf die Arten an. Einfach mal bestellen und ausprobieren, was rauskommt!

Wir erinnern uns aber: Möglicherweise, oder sogar ziemlich wahrscheinlich, ändert sich die Zusammenstellung im Laufe der Zeit. Gut eingießen nicht vergessen!

Der Nachteil: Diese Variante ist teuer. Ist das Beet aber vielleicht nicht zu groß und die Geldbörse nicht zu klein, lohnt es sich!

-> Für Geduldige: Aussaat

Diese Möglichkeit ist günstig und im Idealfall hat man die Samen sogar selbst in der Umgebung gesammelt. Man mischt das Saatgut mit Sand oder Erde und sät es in das gut vorbereitete Beet ein, und zwar nicht mehr als ca. ein bis zwei Gramm pro Quadratmeter. Das klingt wenig, ist es auch. Wenn aber zu dicht gesät wird, hat man später wenig davon. Darauf macht Herr Witt in seinem Buch immer wieder aufmerksam. Danach wird die Saat angedrückt, zum Beispiel mit Brettern. Und dann passiert vielleicht erst einmal – nichts. Oder wenig. Oder es kommen Keimblätter, die wir nicht zuordnen können (wer kann schon Pflanzen anhand ihrer Keimblätter bestimmen?). Jedenfalls dauert es lange, bis etwas blüht. Hier lässt sich mit ein- und zweijährigen Arten aber gut überbrücken, die man dezent beimischen kann. Diese Arten halten sich dann in der Regel nicht dauerhaft (manchmal schon) und überlassen bereitwillig ihren Platz den Standhaften, die aber langsamer sind. Eine Mischung einjähriger heimischer Blumen bietet zum Beispiel Syringa an.

Selbst in der Umgebung gesammelte Wildblumen-Mischung gut drei Wochen nach Aussaat Anfang September in einen Mörteltrog. Substrat: sehr magere Resterde mit Rest-Blähton. Gegossen hat nur der Regen. Gut erkennbar sind schon die Färberkamille, kleiner Wiesenknopf und Rosslauch. Wir lassen uns überraschen, was sich im kommenden Jahr durchsetzt.

Der Vorteil: Wir müssen eigentlich nicht gießen – das macht in der Natur schließlich auch keiner. Aber wenn wir gießen, dann regelmäßig, und zwar bis die Saat gut angewachsen ist. Im Nachhinein muss ich sagen, ich hätte mal lieber gegossen, denn bis heute hat sich in meinem Schotterbeet nichts getan. Nur die gepflanzten Exemplare haben sich gut erholt. Ich habe es allerdings etwas ungünstig im Juli angelegt. Auch das habe ich gelernt: Schotter und Erde schaufeln im Hochsommer ist nicht lustig! Grundsätzlich lassen sich Samen aber ganzjährig ausbringen – in der Natur fallen sie auch auf den Boden, sobald sie reif sind, hier nehmen wir uns einfach ein Beispiel – und warten.

-> Die Kombination als Kompromiss:

Wir pflanzen einige vorgezogene Stauden und säen dazwischen eine Mischung ein. So können die ersten Pflanzen schon im nächsten Jahr blühen und sich weiter versamen und die nächste Generation kann dasselbe im darauffolgenden Jahr tun. So haben wir relativ schnell etwas Blühendes und die Kosten halten sich in Grenzen.

Das prächtige Immenblatt wächst als Waldrandpflanze auch im Halbschatten und duftet nach Honig

Für andere Standorte, zum Beispiel waldähnliche Bepflanzungen im Halbschatten gelten auch etwas andere Bedingungen. Diese Pflanzen brauchen mehr Nährstoffe, daher können abgestorbene Pflanzenteile als Mulch liegenbleiben – wie im Vorbild Wald. Im trockenen Sonnenbeet räumen wir sie weg, sonst werden sich bald unerwünschte Kräuter ansiedeln, die wir mühsam jäten müssen.

Es braucht also schon ein wenig Planung und Vorkenntnisse. Trotzdem: Ausprobieren und sich freuen, wenn es klappt!

Bezugsquellen für heimische Wildpflanzen und Saatgut und Pflanzbeispiele:

Garten der Vielfalt, Stainz: Permakultur-Besuchergarten und Versand

Wildeblumen.at: Versand

Voitsauer Wildblumensamen: Versand

Deutschland:

Syringa – Saatgut, zum Beispiel Paket „Wilde Schönheiten“ – Versand

Staudengärtnerei Stickler: Versand und Geschäft. Saatgut und Pflanzen, die meisten biologisch. Viele Infos zu den Pflanzen!

Staudengärtnerei Hof-Berggarten

Buch-Empfehlungen:

Nachhaltige Anpflanzungen von Reinhard Witt: Wer tiefer eintauchen möchte und wissen will, was Begriffe wie R- oder C-Strategen bedeuten, sollte dieses Buch unbedingt lesen!

Schön wild! – B. Kleinod/F.Strickler: viele Beispielplanungen und Infos zum Anlegen von Wildstaudenbeeten

Weitere Infos und Pflanzbeispiele:

NABU Wildstaudenbeet anlegen mit Bildern und Pflanzlisten

Netzwerk Blühende Landschaft: Pflanzenlisten mit Standortangabe sowie  Pollen- und Nektarwert

 

 

 

 

 

 

 


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